Kennzahlensysteme

1. Definition

„Unter Kennzahlensystemen wird im allgemeinen eine Zusammenstellung von quantitativen Variablen verstanden, wobei die einzelnen Kennzahlen in einer sachlich sinnvollen Beziehung zueinander stehen, einander ergänzen oder erklären und insgesamt auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind.“[1]

2. Historische Entwicklung

Kennzahlensysteme tauchen erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts in der englischsprachigen Literatur auf und werden zunächst nur von Unternehmensexternen, wie z.B. Investitions- und Finanzanalysten, als Hilfsmittel zur Unternehmensanalyse genutzt. Im Laufe der Zeit wurden Kennzahlensysteme auch zunehmend für interne Zwecke verwendet. Bis Mitte der 80er Jahre sind alle neuen Kennzahlensysteme im Wesentlichen auf das im Jahre 1919 entwickelte DuPont-Kennzahlensystem zurückzuführen, erst im Zuge der Qualitätsmanagementbewegung entstehen neuartige, überwiegend nicht-finanzielle Kennzahlensysteme,entwickelt und implementiert werden.[2]

3. Charakterisierung

Da eine einzelne Kennzahl nur über eine begrenzte Aussagekraft verfügt und durch die zusammenhanglose Anhäufung mehrerer solcher Kennzahlen leicht verwirrende und auch widersprüchliche Aussagen entstehen können, ist es sinnvoll, Kennzahlen in einen Bezug zueinander zu setzen bzw. sie in eine Ordnung zu bringen. Das Ergebnis eines solchen Vorgangs ist ein Kennzahlensystem. Diese werden in der Praxis in Ordnungssysteme und Rechensysteme unterteilt.[3] Die meisten Kennzahlensysteme gehen von einem quantifizierbaren Oberziel aus, aus dem operationale Subziele für die jeweiligen Entscheidungsträger in der Unternehmenshierarchie abgeleitet werden können.[4] Diese Kennzahlensysteme sind in der Regel in Form einer Pyramide angelegt, an dessen Ende eine so genannte Spitzenkennzahl steht, die die betriebswirtschaftlich wichtigste Aussage des Systems in komprimierter Form enthält.[5] Grundsätzlich ist es jedoch auch möglich ein Kennzahlensystem aufzustellen, das mehrere Ziele berücksichtigt. Hierbei muss versucht werden, ersatzweise mehrere getrennte Zielhierarchien mit verschiedenen Oberzielen zu nutzen, wobei durch die möglichen Zielkonflikte zwischen den Zielhierarchien Grenzen gesetzt werden.[6]

4. Funktionen von Kennzahlensystemen

Kennzahlensysteme sind vielseitig anwendbar, deshalb gibt es kaum eine wichtige Unternehmensfunktion, die in der Literatur nicht im Zusammenhang mit Kennzahlensystemen genannt wird.[7] Sie haben die Funktion, einzelne Entscheidungsträger durch Informationsverdichtung und Zusammenfassung für unterschiedliche Entscheidungsebenen mit genügender Genauigkeit und Aktualität zu versorgen.[8] Kennzahlensysteme sind somit ein geeignetes Instrument zur Informationsanalyse. Ebenfalls können sie als Analyseinstrument eingesetzt werden, da es mit ihnen möglich ist, die Wirkung von Veränderungen einer oder mehrerer Größen auf die anderen Kennzahlen im System aufzuzeigen und damit ihre Bedeutung herauszuarbeiten.[9] Kennzahlensysteme werden zur externen sowie zur internen Analyse genutzt. Bei der externen Analyse orientieren sich Kennzahlensysteme primär an zwei Gesichtspunkten: dem Erfolg und der Liquidität. Diese beiden Ziele leiten sich aus den Informationsbedürfnissen ihrer Empfänger ab. Hierbei könnte es sich z.B. um Banken, Lieferanten oder Anteilseigner handeln. Bei der internen Analyse werden Kennzahlensysteme für Planungs- und Kontrollprozesse innerhalb des Unternehmens genutzt, sowie als Frühwarnsystem.[10]

5. Beispiele für Kennzahlensysteme

  • DuPont-Kennzahlensystem
  • Ratios au Tableau de Bord
  • ZVEI-Kennzahlensystem
  • EFQM-System
  • RL-Kennzahlensystem

6. Quellen

  • [1] Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7.Auflage, München 2006, S.22
  • [2] Vgl. Sandt, Joachim: Management mit Kennzahlen und Kennzahlensystemen, in: Weber, Jürgen (Hrsg.), Schriften des Center for Controlling & Management (CCM) Band 14, Wiesbaden 2004, S.23-32
  • [3] Vgl. Sandt, Joachim: Management mit Kennzahlen und Kennzahlensystemen, in: Weber, Jürgen (Hrsg.), Schriften des Center for Controlling & Management (CCM) Band 14, Wiesbaden 2004, S.14-15
  • [4] Vgl. Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7.Auflage, München 2006, S.23
  • [5] Vgl. Horváth, Peter: Controlling, 6. Auflage, München 1996, S.546
  • [6] Vgl. Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7.Auflage, München 2006, S.23-24
  • [7] Vgl. Sandt, Joachim: Management mit Kennzahlen und Kennzahlensystemen, in: Weber,Jürgen (Hrsg.), Schriften des Center for Controlling & Management (CCM) Band 14, Wiesbaden 2004, S.24
  • [8] Vgl. Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7.Auflage, München 2006, S.23
  • [9] Vgl. Küpper, Hans-Ulrich: Controlling - Konzeption, Aufgaben und Instrumente, 3.Auflage, Stuttgart 2001,S.346
  • [10] gl. Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7.Auflage, München 2006, S.27

7. Literaturverzeichnis

  • Horváth, Peter: Controlling, 6.Auflage, München 1996
  • Küpper, Hans-Ulrich: Controlling - Konzeption, Aufgaben und Instrumente, 3.Auflage, Stuttgart 2001
  • Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 7.Auflage, München 2006
  • Sandt, Joachim: Management mit Kennzahlen und Kennzahlensystemen, in: Weber, Jürgen (Hrsg.), Schriften des Center for Controlling & Management (CCM) Band 14, Wiesbaden 2004

8. Weiterführende Literatur

  • Botta, Volkmar: Kennzahlensysteme als Führungsinstrumente, 5.Auflage, Berlin 1997
  • Busiek, Jürgen: Unternehmensanalyse mit Kennzahlen, Wiesbaden 1993
  • Groll, Karl-Heinz: Erfolgssicherung durch Kennzahlensysteme, 4.Auflage, Freiburg i.Br. 1990
  • Schott, Gerhard: Kennzahlen: Instrument der Unternehmensführung, 6.Auflage, Wiesbaden 1991
  • Siegwart, Hans: Kennzahlen für die Unternehmensführung, 6.Auflage, Bern 2003
  • Staehle, Wolfgang Herbert: Kennzahlen und Kennzahlensysteme, Wiesbaden 1969

Verfasser: Thomas Riedel