Grundlagen IFRS, US-GAAP und HGB

1. Definition

Die Internationale Financial Reporting Standards (IFRS) (bis 1. Januar 2004 als Internationale Accounting Standards (IAS) betitelt) werden vom 1973 in London gegründeten International Accounting Standards Board entwickelt.[1] Es sind supranational sowie Kapitalgeber bzw. Kapitalmarkt ausgelegte Rechnungslegungsvorschriften.[2]2005 fanden die IFRS erstmals Einzug in das HGB (§ 315a) nach dem börsennotierte Unternehmen ihren Konzernabschluss nach den IFRS oder den US-GAAP gestalten müssen; seit 2007 nur noch ausschließlich nach IFRS.[3]

Die United Staates Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) sind die amerikanischen Rechnungslegungsnormen. 1918 wurden sie erstmals als Empfehlung zur Rechnungslegung vom „American Institute of Certified Public Accountants“ ausgesprochen. Die „United Staates Securities and Exchange Commission“ (SEC), die 1934 gegründet wurde, hat wesentlichen Einfluss auf die US-GAAP, da sie die Normen als Zutrittsvoraussetzung zur amerikanischen Börse, der „New York Stock Exchange“, verfasst. Die US-GAAP sind detaillierter als die IFRS sowie die HGB-Vorschriften und ihr Regelwerk umfasst mehrere tausend Seiten, in denen die meisten Bilanzierungsprobleme explizit geklärt werden. Der „Kochbuch-Charakter“ der Normen erlaubt keinerlei Auslegungsspielraum.[4]

Das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) ist unter diesen drei Regelwerken das flexibelste. Im Bereich der Rechnungslegung umfasst es viele Wahlrechte. Das HGB wurde am 10. Mai 1897 verfasst und umfasst Sonderregelungen für Kaufleute.[5] Am 3. April 2009 verabschiedete der Bundesrat ein Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG), welches unter anderem der Anpassung der HGB-Vorschriften zur Rechnungslegung an die internationalen Normen einbringt.[6]

2. Gegenüberstellung: HGB vs. IFRS vs. US-GAAP

2.1 Zielsetzung und Adressaten

Grundsätzlich haben die Jahresabschlüsse das Ziel, Externen einen Blick auf die Lage des Unternehmens zu ermöglichen. Hierfür legt der Jahresabschluss Informationen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage dar. Während das HGB stets die Zielsetzung vertritt den Gläubiger zu schützen, visieren IFRS und US-GAAP den Investorenschutz an.[7] Der HGB-Einzelabschluss dient zusätzlich der Ermittlung des Gewinns als Grundlage der Steuerbemessung. IFRS und US-GAAP werden für steuerliche Zwecke international und national nicht herangezogen.[8]

2.2 Bestandteile der Abschlüsse

Zentrale Bestandteile aller drei Abschlüsse ist die Darlegung von Vermögenswerten, Schulden und Eigenkapital sowie Erträgen und Aufwendungen.[9] Diese Werte finden sich in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) wieder, die nach HGB, IFRS und US-GAAP zum Jahresabschluss aufgestellt werden müssen. Weitere Elemente der Abschlüsse sind die Kapitalflussrechnung und der Segmentbericht (beim HGB nur für Börsenotierte Unternehmen) sowie der Anhang.

Beim HGB kommt zusätzlich noch die Aufstellung eines Lageberichts und bei dem IFRS und dem US-GAAP die Aufstellung einer Eigenkapitalentwicklung hinzu.[10]

2.3 Gliederung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung

 Das HGB sieht zwei Gliederungsschemata der Bilanz vor. In § 247 wird die für den Kaufmann geltende Mindestgliederung kodifiziert. Demnach müssen Anlage- und Umlaufvermögen sowie Eigenkapital, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten gesondert und hinreichend aufgegliedert ausgewiesen werden. Für Kapitalgesellschaften sieht das HGB in § 266 Abs. 2 und 3 eine explizitere Mindestgliederung vor.

Nach den IFRS gibt der IAS 1.54 Aufschluss über die zumindest auszuweisenden Bilanzpositionen. Desweiteren gilt der Grundsatz der „fair presentation“, nachdem die Bilanzposition darüber hinaus umbenannt oder weitere Posten aufgeführt werden müssen, wenn dadurch die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens verständlicher dargestellt werden kann.[12]

Die US-GAAP sehen grundsätzlich kein Gliederungsschema der Bilanz vor, und auch die Darstellung ist nicht vorgeschrieben. Posten der Bilanz müssen allerdings nach dem Liquiditätsgliederungsprinzip aufgelistet werden. Dabei ist das Vermögen von leicht zu schwer umwandelbar in liquide Mittel zu sortieren. Die Schulden und das Eigenkapital werden nach ihrer Restlaufzeit aufgelistet, wobei auch dort anders als im HGB mit den kurzfristigen Schulden begonnen wird. In diesem Sinne bildet die Bilanz nach US-GAAP nicht vorrangig die Vermögenslage des Unternehmens ab, sondern ist eher auf Darlegung der Liquidität aus.[13]

Die GuV muss jeder Kaufmann nach HGB § 242 aufstellen. Für Kapitalgesellschaften trifft das deutsche Handelsrecht wiederum detailliertere Vorgaben. Nach HGB muss die GuV wahlweise nach dem Gesamtkostenverfahren (GKV) oder Umsatzkostenverfahren (UKV) durchgeführt werden. § 275 Abs. 2 und 3 sehen für diese Verfahren eine Mindestgliederung und Staffelform für Kapitalgesellschaften vor. Auch nach den IFRS kann die GuV nach dem GKV oder dem UKV vorgenommen werden. Die Gliederung der GuV nach den IFRS entspricht der nach HGB.[14] Die US-GAAP beinhalten keine Vorschriften zur Gliederung des GuV. Lediglich die SEC fordert die Anwendung des UKV.[15]

2.4 Bewertungsgrundsätze

Der oberste Grundsatz des HGB ist der „Grundsatz der Vorsicht“.[16] Dieser Grundsatz wird zum Schutz der Gläubiger als maßgebend angesehen. Im Gegensatz dazu ist nach den IFRS das Vorsichtsprinzip gleichzustellen mit Grundsätzen zu Bestrebungen nach einem verlässlichen Abschluss.[17] IFRS und US-GAAP bilanzieren in diesem Sinne nach dem Periodisierungsprinzip, um dem Betrachter des Abschlusses für seine Entscheidungen einen zutreffenderen Gewinn darzustellen.[18] Durch die vorsichtige Bewertung nach HGB wird dahingegen die Gewinnermittlung verzerrt, da positive Erfolge erst nach Realisierung und negative Erfolge im Zeitpunkt ihres Erkennens antizipiert werden.[19] Trotz des vorhandenen Vorsichtsprinzips bei den IFRS und den US-GAAP sind eine Unterbewertung des Vermögens sowie eine Überbewertung der Schulden nicht regelkonform.[20]

2.5 Wesentliche Bilanzpositionen im Vergleich

3. Kritik an heterogenen Abschlüssen aus internationaler Sicht

Im Zuge der Globalisierung der Kapitalmärkte und der unternehmerischen Tätigkeiten nimmt die Bedeutung von mehr- und einheitlichen Offenlegungen von Informationen, über die Lage eines Unternehmens, zu.[24]

Dieser Entwicklung steht der Abschluss nach HGB gegenüber, der auf dem internationalen Kapitalmarkt auf Grund seiner Gläubigerschutzausrichtung im Vergleich zu den internationalen Abschlüssen mit Investorenschutzausrichtung nicht konkurrenzfähig ist.[25] Zwar können deutsche Unternehmen ihren Konzernabschluss auch nach internationalen Standards konsolidieren, ein Einzelabschluss nach HGB muss dennoch aus Gründen der steuerrechtlichen Gewinnermittlung vorgenommen werden.

Ein weiterer kritischer Punkt war bislang die Frage, welcher internationale Abschluss der geeignetere sei. Dabei wurde dieses Thema auf eine politische Ebene gehoben, auf der nicht ausschließlich nach rationalen Kriterien eine Entscheidung gesucht wurde.[26] Dennoch entschied sich das SEC 2008 die IFRS gänzlich anzuerkennen.[27]

4. Quellenverzeichnis

  • [1] Vgl. KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft: Internationale Financial Reporting Standards, 3. Aufl., Stuttgart, (2004) Seite 1
  • [2] Vgl. Kremin-Buch, B.: Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., Wiesbaden, 2002, S. 1 - 2
  • [3] Vgl. Falterbaum, H. / Bolk, W. / Reiß, W. / Eberhart, R.: Buchführung und Bilanzen, 20. Aufl., Achim, 2007, S. 1493
  • [4] Vgl. Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungslegungsstandards IAS / IFRS, 5. Aufl., Frankfurt, 2005, S. 34 – 36, 39
  • [5] Vgl. www.wirtschaftslexikon24.net/d/handelsgesetzbuch-hgb/handelsgesetzbuch-hgb.htm
  • [6] Spengel, C.:DER BETRIEB, Beilage: „Status: Recht“, Heft 10 vom 06.03.2009 Seite 68
  • [7] Vgl. Coenenberg, A.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 19. Aufl., Stuttgart, 2003, S. 20
  • [8] Vgl. Glaum M. / Mandler U.: Rechnungslegung auf globalen Kapitalmärkten, Wiesbaden, 1997, S. 138
  • [9] Vgl. Hayn, S. / Waldersee, G.: IFRS / US-GAAP / HGB im Vergleich, 5. Aufl., Stuttgart, 2004, S. 64 - 67
  • [10] Vgl. Kremin-Buch, B.: Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., Wiesbaden, 2002, S. 27
  • [11] Vgl. Kremin-Buch, B.: Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., Wiesbaden, 2002, S. 27
  • [12] Vgl. Coenenberg, A.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 19. Aufl., Stuttgart, 2003, S. 130
  • [13] Vgl. Coenenberg, A.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 19. Aufl., Stuttgart, 2003, S. 132 - 134
  • [14] Vgl. Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungslegungsstandards IAS / IFRS, 5. Aufl., Frankfurt, 2005, S. 439
  • [15] Vgl. Glaum M. / Mandler U.: Rechnungslegung auf globalen Kapitalmärkten, Wiesbaden, 1997, S. 106
  • [16] Vgl. Hayn, S. / Waldersee, G.: IFRS / US-GAAP / HGB im Vergleich, 5. Aufl., Stuttgart, 2004, S. 68 - 69
  • [17] Vgl. Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungslegungsstandards IAS / IFRS, 5. Aufl., Frankfurt, 2005, S. 122
  • [18] Vgl. Kremin-Buch, B.: Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., Wiesbaden, 2002, S. 25
  • [19] Vgl. Baetge, J. / Kirsch, H.-J. / Thiele, S.: Bilanzen, 9.Aufl., Düsseldorf, 2007, S. 137 - 138
  • [20] Vgl. Hayn, S. / Waldersee, G.: IFRS / US-GAAP / HGB im Vergleich, 5. Aufl., Stuttgart, 2004, S. 68 - 69
  • [21] Vgl. Glaum M. / Mandler U.: Rechnungslegung auf globalen Kapitalmärkten, Wiesbaden, 1997, S. 123
  • [22] Vgl. www.controllingportal.de/Fachinfo/IAS---IFRS/Grundlagen-IFRS-US-GAAP-und-HGB.html
  • [23] Vgl. Gesetztesbeschluss des deutschen Bundetages: Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechts-modernisierungsgesetz – BilMoG), Drucksache 270/09, vom 27.03.09, S. 5
  • [24] Vgl. Hayn, S. / Waldersee, G.: IFRS / US-GAAP / HGB im Vergleich, 5. Aufl., Stuttgart, 2004, S. 3
  • [25] Vgl. Kremin-Buch, B.: Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., Wiesbaden, 2002, S. 3
  • [26] Vgl. Glaum M. / Mandler U.: Rechnungslegung auf globalen Kapitalmärkten, Wiesbaden, 1997, S. 179
  • [27] Vgl. www.handelsblatt.com/finanzen/steuerrecht/bilanzen-steuern-auf-weltstandard-zu;2029532

5. Literaturverzeichnis

  • Baetge, J. / Kirsch, H.-J. / Thiele, S.: Bilanzen, 9.Auflage, Düsseldorf, 2007
  • Coenenberg, A.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 19. Aufl., Stuttgart, 2003
  • Hayn, S. / Waldersee, G.: IFRS / US-GAAP / HGB im Vergleich, 5. Aufl., Stuttgart, 2004
  • Kremin-Buch, B.: Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., Wiesbaden, 2002
  • Falterbaum, H. / Bolk, W. / Reiß, W. / Eberhart, R.: Buchführung und Bilanzen, 20. Aufl., Achim, 2007
  • Glaum, M / Mandler, U.: Rechnungslegung auf globalen Kapitalmärkten, Wiesbaden, 1997
  • KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft: Internationale Financial Reporting Standards, 3. Aufl., Stuttgart, 2004
  • Wagenhofer, A.: Internationale Rechnungslegungsstandards IAS / IFRS, 5. Aufl., Frankfurt, 2005

Verfasser: Jörn Constabel