Corporate Governance Kodex in Deutschland
1. Der Begriff Corporate Governance
2. Aufgaben und Ziele der Corporate Governance
3. Der deutsche Corporate Governance Kodex
5. Aktuelle Änderungen des deutschen Corporate Governance Kodex
1. Der Begriff Corporate Governance
Es existieren unterschiedliche Definitionen zum Begriff Corporate Governance. Dies hängt damit zusammen, dass der Ausdruck zwar aus dem angloamerikanischen Raum stammt, jedoch im englischen Sprachgebrauch bis vor ca. 25. Jahren gar nicht existierte. Hierdurch wurde die Bedeutung des Begriffs durch das jeweilige Vorverständnis und unterschiedliche Wurzeln geprägt. [1]
Somit stellt sich das Problem dar, dass keine einheitliche Definition von Corporate Governance existiert. Als reine Übersetzung des Begriffs Corporate Governance findet sich zum einen „Unternehmensführung/Unternehmensleitung“, aber auch weit über eine reine Übersetzung hinausgehende Inhalts- und Zweckbeschreibungen. So bezeichnen beispielsweise die beiden privat initiierten Expertengremien Berliner Initiativkreis den German Code of Corporate Governance als ‚…den rechtlichen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens’ während eine Frankfurter Grundsatzkommision Corporate Governance als ‚…Lehre von einer optimalen Unternehmensführung und einer optimalen Überwachung eben dieser Führung’ bezeichnet. [2]
Man kann bei der Definition von Corporate Governance jedoch auch unterscheiden in ein sehr enges bzw. originäres Verständnis oder einem traditionellen Verständnis. Bei der engen Begriffsauffassung von Corporate Governance wird von dem Vorliegen lediglich eines Interessenkonflikts ausgegangen und zwar nur zwischen der Unternehmensführung und den Shareholdern(Anteilseigner). Bei der traditionellen Sichtweise dagegen werden neben den Interessenskonflikten der Unternehmensführung und Shareholder, auch strategisch wichtige Stakeholder in die Betrachtung mit einbezogen. Demnach versteht man unter dem traditionellen Corporate Governance die Organisation der Unternehmensführung und –kontrolle, wobei Instrumente für die Wahrung der Interessen aller strategischen Stakeholder eingesetzt werden. [3]
2. Aufgaben und Ziele der Corporate Governance
Die Corporate Governance eines Unternehmens ist für die Festlegung von Verfügungsrechten zuständig. Hiermit entscheidet sie über die Höhe von firmenspezifischen Investitionen, welche die einzelnen Unternehmen tätigen. Zudem beeinflusst ein Corporate Governance-System die Höhe der in einem Unternehmen anfallenden Agency Costs, da für Unternehmen gilt, je weiter die Agency Costs durch geeignete Governance-Strukturen gesenkt werden, desto besser ist die Wettbewerbsfähigkeit des betreffenden Unternehmens. Somit kann Corporate Governance ein Erfolgsfaktor darstellen, wenn in einem Unternehmen nicht vernachlässigbar kleine Agency Costs vorliegen. Weiterhin hat Corporate Governance auch Produktivitätswirkungen, da durch ein geeignetes Corporate Governance ein guter Ausgleich zwischen den Interessengruppen gelingt. Dies führt zu positiven Effekten hinsichtlich der Produktivität der eingesetzten Faktoren, insbesondere der Mitarbeiter und Manager. Ursache für die Produktivitätssteigerung ist das gestiegene Vertrauen sowie die höhere Motivation der Mitarbeiter. [4]
3. Der deutsche Corporate Governance Kodex
Im deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) werden wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften dargestellt. Auch enthält der Kodex international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Ziel des Kodex ist es, dass deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar zu machen. Hiermit soll das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften gestärkt werden. [5]
Neben den Darstellungen geltenden Rechts enthält der Kodex Verhaltensempfehlungen und Anregungen, die Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder von börsennotierten Aktiengesellschaften zu einer Unternehmensführung im Sinne des Kodex verhelfen sollen. Jedoch sind diese Empfehlungen für die Vorstände bzw. Aufsichtsratsmitglieder nicht per se verbindlich. Allerdings müssen die Unternehmen jährlich erklären, ob den Empfehlungen entsprechend gehandelt worden ist. Sollte eine Entsprechenserklärung abgegeben werden, handelt es sich dabei um eine freiwillige Selbstbindung. Auch muss seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts („BilMoG“) neuerdings nach §161 AktG n. F. begründet werden weshalb Empfehlungen nicht befolgt wurden. Zwar enthält der Kodex keine Rechtsnormen, jedoch sollten seine Empfehlungen nicht unterschätzt werden. Entspricht beispielsweise die abgegebene Entsprechenserklärung nicht der tatsächlichen Praxis der Gesellschaft bzw. stellt sie sich nachträglich als unrichtig heraus liegt ein Verstoß gegen §161 AktG vor. Dies führt zur Anfechtbarkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. [6]
4. Inkrafttreten des Kodex
Der Kodex wurde im Rahmen der Plenarsitzung der Kodexkommision am 26. Februar 2002 dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) übergeben und zeitnah auf den Websites der Kommission und der des BMJ veröffentlicht. Ab dem 26. Februar 2002 war es den Unternehmen somit möglich vom Inhalt des BMJ Kenntnis zu nehmen und sich mit seinen Vorschlägen auseinander zu setzen sowie sich darauf einzustellen. Dabei ist zu beachten, dass der Kodex nicht in einem angemessenen zeitlichen Abstand in Kraft getreten ist, sondern bereits zeitnah nach der schriftlichen Veröffentlichung in Kraft trat und in der Praxis umgesetzt wurde. [7]
5. Aktuelle Änderungen des Corporate Governance Kodex
Der deutsche Corporate Governance Kodex wurde mit Wirkung vom 5.8.2009 letztmals aktualisiert. Vor allem Themenbereiche die im Rahmen der Wirtschaftskrise an Bedeutung hinzugewonnen haben wurden hierbei verändert. Insbesondere durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung „VorstAG“, das selbst teilweise Kodexempfehlungen zum Gesetz erhebt, wurden Änderungen des Kodex notwendig. Doch es wurden auch neue Empfehlungen in den Kodex aufgenommen. Ziel der Neuerungen ist es, das Vertrauen von Investoren in die Unternehmensführung und -überwachung deutscher Gesellschaften zu erhöhen. [8]
Neu ist beispielsweise die Formulierung der Präambel Abs. 2 und Ziffer 4.1.1 wodurch die Bedeutung des Stakeholder- Interesses betont wird und die vorherige Dominanz der Shareholder-Value relativiert wird. Durch die Neuformulierung soll deutlich werden, dass auch die Stakeholder beim `Unternehmensinteresse` zu berücksichtigen sind. So soll nach Ansicht der Regierungskommission das unternehmerische Handeln nun nicht mehr allein nach dem Shareholder-Value-Konzept erfolgen. Eine weitere Neuerung ist die in Ziffer 3.10 des Kodex vorgenommene Änderung wonach der Vorstand und Aufsichtsrat jährlich im Geschäftsbericht über die Corporate Governance zu berichten haben. Dies hat u. a. zur Folge, dass Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder nun bei Abgabe einer falschen Entsprechenserklärung gem. § 331 Abs. 1 Satz 1 HGB strafrechtlich belangt werden können. Zudem mussten die Ziffern 4.2.2, 4.2.3 und 4.2.4 des Kodex, welche die Vergütung von Vorstandsmitgliedern regeln angepasst werden. Auslöser dessen war die zunehmende Diskussion in Zeiten der Finanzkrise. So ist nun aufgrund der Änderungen in den genannten Ziffern bei der Bemessung der Vorstandsbezüge die Vergütungsstruktur im gesamten Unternehmen zu berücksichtigen und eine erhöhte Transparenz Pflicht. Außerdem ist die Vergütungsstruktur nun an der Unternehmensentwicklung auszurichten, was zuvor lediglich eine Empfehlung darstellte. Ferner ist auch eine Offenlegung von Leistungen die einem Vorstandsmitglied bei der Beendigung der Tätigkeit gewährt werden bzw. zugesagt wurden seit der Neuerung des Gesetzes Pflicht. Lediglich mit einer dreiviertel Mehrheit bei der Hauptversammlung kann diese Pflicht umgangen werden. Weitere Neuerungen wurden in Ziffer 3.8 des Kodex sowie bei den Ziffern 5.3.2, 5.4.4 und 5.4.5 vorgenommen. [9]
6. Quellenverzeichnis
- [1] Vgl. Sick, S., (2008), S. 25
- [2] Vgl. Hucke, A.; Ammann H., (2003), S. 1
- [3] Vgl. Damken, N., (2006), S. 9-11
- [4] Vgl. Witt, P. (2003), S. 11-12
- [5] Vgl. v. Werder, A. (2008), S. 38
- [6] Vgl. v. Kann, J./Keiluweit, A.,(2009), Der Betrieb, S.2699
- [7] Vgl. Ringleb, H. M. (2008), S. 334
- [8] Vgl. v. Kann, J./Keiluweit, A.,(2009), Der Betrieb, S.2699
- [9] Vgl. v. Kann, J./Keiluweit, A.,(2009), Der Betrieb, S.2700-2701
7. Literaturverzeichnis
- Achleitner, A. K./Albach, H./ Altmann, J. u. a.: Gabler Wirtschaftslexikon, 2004, 16. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden
- Baetge, J./Kirsch, H. J./Thiele, S.: Bilanzen, 2009, 10.Auflage, IDW Verlag, Düsseldorf
- Benker, A.: Vor- und Nachteile einer kapitalmarktorientierten Unternehmensführung, 2008, Diplomica Verlag GmbH, Hamburg
- Buchholz, R.: Grundzüge des Jahresabschlusses nach HGB und IFRS, 2005, 4. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München
- Damken, Nico: Corporate Governance in mittelständischen Kapitalgesellschaften, 2006, OLWiR Verlag, Oldenburg
- Eidel, U./ Strickmann, M,: Schnelleinstieg Bilanzen, 2007, Rudolf Haufe Verlag, Planegg/München
- Handelsblatt: Wirtschaftslexikon, Band 9, 2006, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart
- Hucke, Anja; Ammann, Helmut: Der Deutsche Corporate Governance Kodex, 2003,
- NWB Verlag, Herne/Berlin
- Sick, Sebastian: Corporate Governance in Deutschland und Großbritannien, 2008, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden
- Lohse, Andrea: Unternehmerisches Ermessen, 2005, Mohr Siebeck Verlag, Tübingen
- Meister, Florian: Etablierung von Netzwerken in der Energiewirtschaft, 2007, Gabler Verlag, Wiesbaden
- Reichmann, Thomas: Controlling mit Kennzahlen und Management-Tools, 2006, 7. Auflage, Franz Vahlen Verlag, München
- Ringleb, Henrik-Michael: Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 2008, 3. Auflage, C. H. Beck, München
- Weber, J./Weißenberger B. E.: Einführung in das Rechnungswesen, 2006, 7. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart
- v. Kann, Jürgen./Keiluweit, Anjela, Die aktuellen Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, 2009, In: Der Betrieb Heft 50
- v. Werder, Axel: Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 2008, 3. Auflage, C. H. Beck, München
- Weis, Marcel: IFRS/HGB/BilMoG im Vergleich,2009, IGEL Verlag GmbH, Hamburg
- Wörlen, Rainer: Handelsrecht mit Gesellschaftsrecht: Lernbuch, Strukturen, Übersichten, 2005, 7. Auflage, Carl Heymanns Verlag, Köln
- Witt, Peter: Corporate Governance-Systeme im Wettbewerb, 2003, Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden
- www.it-infothek.de/images/semester_2/rewe_32.gif (Stand 04.01.09)
- www.lexexakt.de/glossar/kapitalgesellschaft.php (Stand 05.01.09)
- www.rechtswoerterbuch.de/recht/a/aktiengesellschaft-ag/ (Stand 05.01.09)
Verfasser: Wolfgang Bruns