Controlling im Handel

1. Aufgabe des Handels

In einer arbeitsteilig gegliederten Volkswirtschaft fällt dem Handel die Aufgabe zu, die Differenz zwischen der Produktion und Konsumption in räumlicher, zeitlicher, qualitativer und quantitativer Hinsicht auszugleichen.[1] „Somit sind Handelsunternehmen Dienstleistungsbetriebe, die für Industriebetriebe absatzwirtschaftliche Aufgaben übernehmen. Dem Kunden erbringen sie u. a. die Dienstleistung der Sortimentsbildung sowie der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen in geeigneter Menge und Qualität. “[2]

2. Besonderheiten und grundlegende Bausteine des Handelscontrollings

Laut Aussagen einiger namhafter Autoren wurde dem Controlling im Bereich des Handels bis zum Anfang der 90er Jahre zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.[3] Dies hat sich allerdings im Laufe der vergangenen 15-20 Jahre wesentlich geändert. 

Im Controllingbereich unterscheidet sich der Handel deutlich von anderen Domänen, insbesondere der Industrie. Diese Unterschiede resultieren aus den Bedingungen, unter denen ein Handelsunternehmen geplant, geführt, kontrolliert und organisiert wird. Zahlreiche Instrumente aus dem traditionellen, von der Industrie abgeleiteten Controlling sind im Handel modifiziert anwendbar. Dennoch gibt es in Handelsunternehmen einige Aspekte, die eine

gesonderte Beschäftigung mit dem Controlling erforderlich machen. Hierbei ist insbesondere das Zielcontrolling von besonderem Interesse, da Handelsmanager traditionell mit nur wenigen Zielen auskommen, die sich mittels Kennzahlen quantifizieren lassen. Erlöse pro Mitarbeiter, Mitarbeiterstunde oder Quadratmeter Verkaufsfläche sowie je Filiale oder Aktion oder Umschlagsgeschwindigkeiten von Artikeln sind ebenso Gegenstand des Handelscontrollings wie Image-, Qualitäts- und Preisniveau- Messungen.[4]

Um die Controllinginstrumente, die dem Controller im Handelsunternehmen zur Verfügung stehen, besser darstellen zu können, wird vielfach eine Unterteilung nach strategischen und operativen Instrumenten vorgenommen. Eine Unterteilung zwischen diesen Bereichen ist jedoch nicht immer eindeutig möglich.[6]

Operative Controllinginstrumente:

  • Kosten- und insbesondere Erlösartenrechnung
  • Erlösrechnung (z.B. Ursachen für Erlösabweichungen)
  • Relativkosten- und Relativerlösrechnung
  • Handelsgerechte Kennzahlensysteme
  • Qualitative Controllingansätze (z.B. Imageanalysen von Filialen, Typisierungen von Kundensegmenten)

 

Strategische Controllinginstrumente:

  • Handelsportfolios
  • Lebenszykluscontrolling von Warengruppen, Artikeln, Betriebstypen[7]

3. Funktionsmodell des Handelscontrollings

Informationen sind besonders im Bereich des Handels ein kritischer Erfolgsfaktor. Informationsbeschaffung muss jedoch nicht zwangsläufig das Durchforsten des vorhandenen Papierbestandes bedeuten. Informationsbeschaffung lässt sich heutzutage leicht automatisieren. Der breite Einsatz von Datenbanksystemen und verbesserte Möglichkeiten der Speicherung von großen Datenmengen führen zu dem Wunsch, Daten als Führungs-informationen direkt für das Management des Handelsunternehmens bereitzustellen. Diesen Wunsch erfüllen so genannte Executive Information Systeme (EIS). Diese Systeme besitzen eine starke Betonung der methodischen Konzepte, mit denen mögliche Konsequenzen von Entscheidungen durchgespielt werden können.[8] Dabei soll dem Management auf verschiedenen Ebenen sowohl detaillierte als auch verdichtete Informationen aus der operativen Datenbasis zur Problembeschreibung zur Verfügung gestellt werden. Dieses Informations- System kann wie folgt in das Controllingkonzept eines Handelsunternehmens integriert werden.

4. Wichtige Kennzahlen im Handelscontrolling

„Unter Kennzahlen sind jene Zahlen zu verstehen, die quantitativ erfassbare Sachverhalte in konzentrierter Form erfassen. Sie sollen relevante Zusammenhänge in verdichteter, quantitativ messbarer Form wiedergeben, und stellen somit eine Möglichkeit der Informations-bereitstellung in Unternehmen dar.“[10]

Handelsspezifische Kennzahlen können wie folgt eingeteilt werden:

  • Kennzahlen zur Rentabilität des Sortiments, z.B. Handelsspanne, Umschlag oder Deckungsbeitrag jeweils bezogen auf das ganze Sortiment, auf eine Warengruppe oder auf einen Artikel
  • Kennzahlen zur Rentabilität des Kapitals, z.B. Return on Investment (ROI) oder Cashflow
  • Kennzahlen zur Erfolgs- und Kostenstruktur, z.B. Flächenproduktivität, Personalproduktivität und der Personalkostenanteil[11]

5. Quellenverzeichnis

  • [1] Vgl. Barth, K.; Hartmann, M.; Schröder, H.: Betriebswirtschaftslehre im Handel, 6. Auflage, Wiesbaden, 2007, S. 1
  • [2] Becker, J.; Winkelmann, A.: Handelscontrolling, Münster, 2007, S.13
  • [3] Vgl. Witt, F.-J.: Handelscontrolling, München, 1992, S. 2
  • [4] Vgl. Becker, J.; Winkelmann, A.: Handelscontrolling, Münster, 2007, S.15f.
  • [5] Abb.: Grundlegende Bausteine des Handelscontrollings, vgl. Witt, F.-J.: Handelscontrolling, München, 1992, S. 25
  • [6] Vgl. Ahlert, D.: Warenwirtschaftsmanagement und Controlling in der Konsumgüterdistribution. In: Integrierte Warenwirtschaftssysteme und Handelscontrolling. Hrsg.: Ahlert, D.; Olbrich, R., 3. Aufl., Stuttgart 1997, S. 84
  • [7] Vgl. Witt, F.-J.: Handelscontrolling, München, 1992, S. 18-27, 33-36, 67-74
  • [8] Vgl. Becker, J.: Handelsinformationssysteme und Handelscontrolling. In: Integrierte Warenwirtschaftssysteme und Handelscontrolling. Hrsg.: Ahlert, D.; Olbrich, R., 3. Aufl., Stuttgart 1997, S. 189
  • [9] Abb.: Funktionsdekompositionsdiagramm beim Handelscontrolling, vgl. Becker, J.: Handelsinformations-systeme und Handelscontrolling. In: Integrierte Warenwirtschaftssysteme und Handelscontrolling. Hrsg.: Ahlert, D.; Olbrich, R., 3. Aufl., Stuttgart 1997, S. 190
  • [10] Becker, J.; Winkelmann, A.: Handelscontrolling, Münster, 2007, S.63
  • [11] Vgl. Zentes, J.: Handbuch Handel, Wiesbaden, 2006, S. 879f.

6. Literaturverzeichnis

  • Ahlert, D.: Warenwirtschaftsmanagement und Controlling in der Konsumgüterdistribution. In: Integrierte Warenwirtschaftssysteme und Handelscontrolling. Hrsg.: Ahlert, D.; Olbrich, R., 3. Aufl., Stuttgart 1997
  • Barth, K.; Hartmann, M.; Schröder, H.: Betriebswirtschaftslehre im Handel, 6. Auflage, Wiesbaden, 2007
  • Becker, J.: Handelsinformationssysteme und Handelscontrolling. In: Integrierte Warenwirtschaftssysteme und Handelscontrolling. Hrsg.: Ahlert, D.; Olbrich, R., 3. Aufl., Stuttgart 1997
  • Becker, J.; Winkelmann, A.: Handelscontrolling, Münster, 2007
  • Witt, F.-J.: Handelscontrolling, München, 1992
  • Zentes, J.: Handbuch Handel, Wiesbaden, 2006

Verfasser: Martin Luitjens