Bankcontrolling
1. Definition
Im Bankgewerbe wird unter Controlling ein integriertes Konzept ertragsorientierter Banksteuerung verstanden. [1]
2. Historische Entwicklung
In Deutschland gewann das Controlling in Kreditinstituten in den 80er Jahren langsam immer mehr an Bedeutung. Es hat sich seit dieser Zeit sehr schnell fortentwickelt und zudem auch grundlegend verändert. Anfang der 80er Jahre stand zunächst noch eine an der Opportunitätstheorie orientierte Bewertung des Bankgeschäfts im Vordergrund. In den 90er Jahren wurde dann das so genannte Barwertkonzept entwickelt, welches die durchgängige Bewertung aller Bankdienstleistungen anhand von Marktpreisen beinhaltet. Messlatte ist hier der Vermögenszuwachs bzw. die Gesamtbankperformance. Als eine Fortentwicklung des Barwertkonzeptes wurde der Portfolioansatz im Bankencontrolling eingesetzt. Heute wird das Barwertkonzept auf die Steuerung von Ressourcen übertragen. [2]
3. Aufgaben des Bankcontrollings
Das Controlling in den Finanzinstituten lässt sich auf eine einheitliche Grundphilosophie zurückführen. Es beinhaltet die Förderung des Verantwortungs- und Ergebnisbewusstseins der Entscheidungsträger und stellt damit auch ein konsequente zielgerichtete und - sowohl materiell als auch organisatorisch verankerte - systematische Entscheidungsfindung auf allen Unternehmensebenen sicher. Den Finanzinstituten steht hierbei ein Komplex von Aufgaben gegenüber, welche mit der Durchsetzung des Controlling-Denkens in allen Bereichen einer Bank beginnt und bis zur Feinsteuerung kleiner Geschäftseinheiten reicht. Einzelnen Teilaufgaben des Bankcontrollings können von verschiedenen Seiten systematisiert werden und es lässt sich im Bankcontrolling der gesamte Aufgabenkomplex anschaulich mit seinen drei Ebenen im so genannten Aufgabenwürfel darstellen. Somit werden bei jedem controlling-spezifischen Problem, immer alle drei Dimensionen des Aufgabenwürfels angesprochen. [3]
4. Ziele des Bankcontrollings
Die bei Banken im Vordergrund stehende Steuerungsfunktion im Controlling weist eine inhaltliche und eine formale Komponente auf. Materiell gesehen, zeichnet sich das Konzept des Bankcontrollings dadurch aus, dass sowohl die Gesamtbank als auch die einzelnen Geschäftseinheiten bis hin zum einzelnen Geschäft mit Hilfe eines integrierten Konzepts bewusst ertragsorientiert gelenkt werden. Dabei geht es hauptsächlich um die Formulierung und Durchsetzung einer Geschäftspolitik, die ihre Philosophie aus den Grundprinzipien der Triade des Ertragsorientierten Bankmanagements herleitet. Es gilt hierbei das Primat der Rentabilität, die wachstumsbedingten Rentabilitätsauswirkungen (= ertragsorientierte Wachstumspolitik) und die ertragsorientierte Risikopolitik. Das ertragsorientierte Bankmanagement stellt die Rentabilität als die oberste Zielgröße an die Spitze der bankbetrieblichen Ergebnishierarchie. In jüngster Zeit werden jedoch die geschäftspolitischen Entscheidungen auch immer öfter durch Shareholder Value-Konzepte bestimmt.
Zu den materiellen Konzepten weist das Bankcontrolling auch ein formales Konzept auf. Aufgabe des Bankcontrollings ist es hier zum einen die Rationalität bankbetrieblicher Entscheidungsprozesse durch systematische Planaktivitäten und Erfolgskontrollen sicherzustellen und zum anderen eine ausgeprägte Koordinations- und Informationsfunktion zu erfüllen. Somit kann das Controlling als eine Art Informationszentrum gesehen werden, welches steuerungsrelevante Informationen erfasst, aufbereitet und weiterleitet, damit die Aktivitäten der einzelnen Geschäftseinheiten auf die Gesamtziele der Bank koordiniert und abgestimmt werden können. Einzelne Aufgaben für den Planungs- und Kontrollprozess sind unter anderem
- die laufende Erfassung unternehmensrelevanter Daten
- die Interpretation der Daten in Abhängigkeit von zukünftigen Erwartungen
- die entscheidungsgerechte Präsentation der Analysen für die Bankleitung
- die planerische Gestaltung der Unternehmensaktivitäten
- eine permanente und standardisierte Situations- und Abweichungsanalyse
- die automatische Reflexion der Analyseergebnisse durch organisierte Kurskorrekturen
Zusammengefasst kann das Bankcontrolling somit durch zwei Aspekte beschrieben werden. Im materiellen Sinne ist das Bankcontrolling eine integrierte Management-Konzeption, die die Ertragsorientierung zum tragenden Fundament zählt. Aus formaler Sicht hingegen, kann man das Bankcontrolling als ein komplexer kybernetischer Prozess von revolvierend ablaufenden Planungs- und Kontrollaktivitäten sehen, die durch ein systematisches Informationsmanagement abgestützt werden. [4]
5. Instrumente des Bankcontrollings
Dem Bankcontrolling stehen eine Vielzahl von bewährten Managementtechniken und Instrumente zur Verfügung. Zum Teil haben diese keine bankspezifischen Eigenschaften, sondern können aus der Allgemeinen Betriebswirtschaftlehre entnommen werden. So können z. B. viele Erhebungs-, Prognose- und Bewertungstechniken ohne besondere Anpassungen eingesetzt werden. Darüber hinaus existieren jedoch einige Instrumente und Techniken, die speziell für das Bankcontrolling entwickelt und weiterentwickelt worden sind.
Als eines der wichtigsten Bestandteile, des bankbetrieblichen Informationssystems, gilt das interne Rechnungswesen. Es hat die Aufgabe, den Entscheidungsträgern jederzeit entscheidungsrelevante und unverfälschte Kosten- und Ertragsinformationen zur Verfügung zu stellen. Zentrale Grundlage hierbei ist die einzelgeschäftsbezogene Kalkulation von Zinsüberschüssen bzw. die Margenkalkulation mit Hilfe der Marktzinsmethode, den diversen Methoden zur Risikokostenkalkulation (Normalkostenrechnung, Marktrisikokostenmethode) sowie die Kalkulation von Betriebskosten mit Hilfe der Prozessorientierten Standard-Einzelkostenrechnung. Die systematische Aggregation von Einzelgeschäftsergebnissen führt zu den verschiedenen Auswertungsrechnungen, von denen die Produkt-, die Geschäftstellen- und die Konto- und Kundenkalkulation, sowie die hierauf aufbauende und im Konzept der ROI- Analyse eingebettete Teil- und Gesamtbetriebsergebnisrechnung die wichtigsten sind. Im Rahmen des Portfolio-Managements, können je nach Qualifikation der vorliegenden Daten, quantitative und qualitative Techniken eingesetzt werden. So finden neben der ABC-Analyse ebenso die Methoden der Portfolio-Analyse und der strategischen Geschäftsfeldkurve Anwendung. Die Konkretisierung der erarbeiteten Strategien, erfolgt anschließend mit Hilfe von Punktbewertungsverfahren und Wirtschaftlichkeitsrechnungen, wie zum Beispiel die Break Even Analyse. Ergänzt werden diese Instrumente schließlich noch durch Risikoanalysen. Instrumente, speziell zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos, sind beispielsweise Zinsänderungsbilanzen mit dem Konzept der Zinselastizitätsanalysen. Auch die Technik der linearen Optimierung, die Sensitivitätsanalyse und die Simulationstechnik können sinnvoll eingesetzt werden. Darüber hinaus wird zur Feinsteuerung im Bankcontrolling das Instrument der Budgetierung eingesetzt. Abschließend kann auch auf die Szenario-Technik und verwandte Verfahren im Rahmen der strategischen Kontrolle zurückgegriffen werden. [5]
6. Quellenverzeichnis
- [1]Vgl. Schierenbeck, Henner: Ertragsorientiertes Bankmanagement – Band 1: Grundlagen, Marktzinsmethode und Rentabilitäts-Controlling, 5. Aufl., Wiesbaden, 1997, S. 1
- [2]Vgl. Schierenbeck, H.; Rolfes, B.; Schüller, S.: Handbuch Bankcontrolling, 2. Aufl., Wiesbaden, 2001, S. 21
- [3]Vgl. Schierenbeck, Henner: Ertragsorientiertes Bankmanagement – Band 1: Grundlagen, Marktzinsmethode und Rentabilitäts-Controlling, 5. Aufl., Wiesbaden, 1997, S. 4
- [4]Vgl. Schierenbeck, Henner: Ertragsorientiertes Bankmanagement – Band 1: Grundlagen, Marktzinsmethode und Rentabilitäts-Controlling, 5. Aufl., Wiesbaden, 1997, S. 1-3
- [5]Vgl. Schierenbeck, Henner: Ertragsorientiertes Bankmanagement – Band 1: Grundlagen, Marktzinsmethode und Rentabilitäts-Controlling, 5. Aufl., Wiesbaden, 1997, S. 24-25
7. Literaturverzeichnis
- Bohnenkamp, Peter: Prozessorientierte Standard-Kostenrechnung im Bank-Controlling, Bern, Stuttgart, Wien, 1995
- Schierenbeck, Henner: Ertragsorientiertes Bankmanagement – Band 1: Grundlagen, Marktzinsmethode und Rentabilitäts-Controlling, 5. Aufl., Wiesbaden, 1997
- Schierenbeck, H.; Rolfes, B.; Schüller, S.: Handbuch Bankcontrolling, 2. Aufl., Wiesbaden, 2001
Verfasser: Bernd Funke